Viele verdrängen es noch und hoffen auf die „perfekte Impfung“, die uns das alte Normal zurückbringt. Die Wahrheit ist aber: Wir leben in einer Zeit der Disruption. Jetzt entscheidet sich, wer in Zukunft als Unternehmen überlebt, und wer nicht.
Es ist nicht neu: Wir leben in einer VUCA-Welt. VUCA steht für volatility, uncertainty, complexity und ambiguity. Komplexität, Unsicherheit und Versatilität unserer Lebenswelt nehmen stetig zu. Schon länger. Das liegt u.a. an der Digitalisierung, an Veränderungen in politischen Verhältnissen und in wirtschaftlichen Machtgefügen. Zunehmende Diversität, z.B. die Freiheit eines eigenen Lebensentwurfs, kann man als positive Folge von VUCA betrachten. Der Klimawandel wird jedoch sicher mehr negative Verwerfungen bewirken, als eine schöne Aussicht auf sonnig warme Sommer im sonst so verregneten Deutschland.
Nun ist Corona. Das ist eine neue Herausforderung, die zu all den sonstigen Unsicherheiten hinzukommt. Aber das geht ja vorbei, sobald es einen Impfstoff gibt.
Really?
Anthony Fauci, Direktor des US-Instituts für Infektionskrankheiten, geht in einem sehr optimistischen Szenario von einer 70–75%igen Wirksamkeit einer Impfung gegen Covid-19 aus. Bis alle Menschen auf der Welt geimpft sind, dauert es. Womöglich mutiert das Virus. Es werden sich auch nicht alle Menschen impfen lassen. Nicht unwahrscheinlich ist daher, dass die Impfung nur eine weitere „Maßnahme“ sein wird – neben Abstand, Masken, Hände waschen und neuerdings Lüften (AHA+L), und der Unmöglichkeit, Massenveranstaltungen durchzuführen. Das Virus ist gekommen, um zu bleiben, vielleicht für immer.
So wie es heute keine Telefonzellen mehr gibt, keine Pferdekutschen mehr, keine Schellack-Platten – so wird es vielleicht auf lange Sicht keine vollen Fußballstadien mehr geben, keinen Karneval wie wir ihn kennen, kein Oktoberfest. Diskotheken und Clubs in ihrer heutigen Form werden vielleicht sogar vollständig und für immer verschwinden. Streaming-Dienste haben schließlich auch die CD verdrängt. So what? Maskentragen wird womöglich zur selbstverständlichen Regel wie der Sicherheitsgurt im Auto und keiner wird mehr darüber nachdenken.
Trained for VUCA
Schon seit einigen Jahren übt man sich in Unternehmen in neuen Umgangsformen mit der VUCA-Welt: Agiles Projektmanagement, Innovation, mehr Diversität als Ziel in den Führungsetagen, um der Diversität in der Gesellschaft entgegen zu kommen, flexiblere Arbeitsformen unter dem Stichwort „New Work“. Man hat sich gewappnet. Daher verwundert es umso mehr, dass die Reaktion auf Corona vielfach das Gegenteil zeigt: Viele Menschen und gerade Unternehmen setzen noch darauf, dass das „New Normal“ sein wird wie das alte. Warten auf die Impfung, auf Godot.
Selbst wenn es tatsächlich irgendwann so sein sollte, dass es ein Nach-Corona gibt, in dem man sich wieder genauso verhalten kann wie im Vor-Corona. Gewiss ist es nicht, eher unwahrscheinlich. Corona wird Spuren hinterlassen und hinterlässt bereits Spuren. Schon heute ist deutlich, dass sich Chefs in aller Zukunft nicht mehr vehement gegen Homeoffice stemmen können, denn dass es funktioniert, wurde bewiesen und ist jetzt bereits als akzeptable Arbeitsform im „New Normal“ gesetzt. Das Beispiel Homeoffice zeigt auch, dass ein „New Normal“ längst existiert, es sich Stück für Stück und Woche für Woche einschleicht, und es nicht etwa einen Stichtag gibt, an dem eine Art Hebel umschlägt und das „New Normal“ beginnt.
Say Welcome to „New Normal“
Das „New Normal“ muss gar nicht schlechter werden als das alte. Es wird aber schlechter werden, wenn der in der Psychologie bekannte Mechanismus der „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ eintritt: Sich die Zukunft schlecht reden, am Alten krampfhaft festhalten wollen in lähmender Angststarre, so dass man gar keine Hand frei hat, um neue Chancen zu ergreifen. Gerade jetzt über utopisch-visionäre Ideen nachzudenken – selbst wenn die Unsicherheit nur das Entwickeln verschiedener möglicher Szenarien erlaubt statt garantiert erfolgversprechender Innovationen – löst die Schockstarre und befeuert die Lust, an spannenden Veränderungen mitzuwirken.
Hier schon mal für den Anfang und als Aufforderung an Sie, den Faden aufzunehmen und weiter zu spinnen, ein paar Ideenansätze:
Vielleicht spielen in Zukunft Jahreszeiten wieder eine stärkere Rolle: Im Sommer wird gefeiert, ausgegangen, tanzt das Leben. Im Winter passiert nicht viel. Schlimm? Damit müssen Freibäder, Freizeitparks und Restaurants an Strandpromenaden schon heute leben. Vielleicht werden Restaurants auch innenarchitektonisch verändert, z.B. mit Separés unterteilt, so wie es schon Hotelzimmer gibt, die aus Wohnwagen bestehen. Hier kann man mit viel Fantasie auch spannende Erlebnisse schaffen: Baumhüttenrestaurant, Würfel auf mehreren Etagen, Tischkojen, die wie Raumkapseln anmuten. Was würde Ihnen gefallen?
Die Erfahrung zeigt jetzt schon, dass bei virtuellen Veranstaltungen über Zoom oder Microsoft Teams etc. die Teilnehmerzahl oft doppelt so hoch ist, wie bei realen Veranstaltungen. Man könnte in Zukunft zweigleisig fahren. Weniger reale Teilnehmer und gleichzeitig virtuelle Übertragung mit der freundlichen Aufforderung bequem über Paypal auch für die virtuelle Übertragung zu bezahlen, aber als „pay if and what you want“. Welche Ideen haben Sie, um virtuelle Versionen interessanter zu gestalten und die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen?
To be continued and to be discussed… if you like!
Give me five!
Sollte der Text Sie noch nicht genug aufgerüttelt haben, Ihnen Lust gemacht haben, Sie angeheizt haben, an Lösungen für das „New Normal“ mitzuwirken, uns kribbelt es bereits in den Fingern … vielleicht möchten Sie sich von uns von diesem Innovations-Virus anstecken lassen, bevor Sie der Corona-Blues in die ewige Lähmungs-Quarantäne schickt?