Man mag von Bild-generierender „künstlicher Intelligenz“ wie Midjourney, Dall‑E oder Stable Diffusion halten, was man will. Letztendlich ist es ein Werkzeug, und bei einem Werkzeug kommt es darauf an, von wem, für welchen Zweck und mit welchem Ergebnis es eingesetzt wird.
Einsatzgebiet der KI: Phantomscribbling.
Einsatzort: Psychologische Tiefeninterviews, Fokusgruppen, Consumer Labs, Workshops.
Phantomscribbling ist eine Technik, um gewissermaßen „innere Bilder“ (images) in sichtbare Bilder (picture) zu überführen. Befragte Konsument:innen oder Workshop-Teilnehmende beschreiben in Worten ihre Erinnerungs‑, Vorstellungs- oder Wunschbilder. Wir zeichnen die Bilder im Dialog. Das Ganze eingebettet in ein psychologisches Gesprächssetting und geeignete projektive oder imaginative Techniken.
Wichtig dabei: Die Zeichnung wird solange korrigiert, bis sich die Befragten darin wiederfinden. Der Name ist abgeleitet vom polizeilichen Phantomzeichnen, da es auf einem ähnlichen Prinzip aufbaut.
Warum Phantomscribbling: Natürlich ist es immer eine gute Idee, Bilder direkt aus den Köpfen der Zielgruppe sichtbar zu machen, anstatt nur in Worten darüber zu sprechen. Nicht zuletzt weisen viele Forschungs-Erkenntnisse der moderneren Kognitionspsychologie (z.B. die Imagery-Forschung, s. Stephen Kosslyn) auf die zentrale Rolle von Erinnerungs- und Vorstellungsbildern für das Denken hin.
Vor allem schafft es einen besseren Übergang zum kreativen Prozess. Spätestens das kreative Denken funktioniert vor allem analogisch, d.h. sinnlich (meist bildhaft) und vergleichend — siehe auch unser Beitrag zum schlampigen Denken. Möchte man Forschung und Entwicklung miteinander verbinden, braucht es Inspirationsmaterial, und das am besten direkt „aus den Köpfen“ der Zielgruppe. Phantomscribbles — neben dem „psychologischen Code“ als Dreh- und Angelpunkt für die Ideenentwicklung — unterstützen nicht nur den kreativen Prozess. Sie sorgen dafür, dass Produkt- oder Design-Ideen an den Forschungsergebnissen andocken und bei der anvisierten Zielgruppe besser wirken und erfolgreicher sind.
Was liegt da näher, als diesen Prozess durch Bild-generative KI zu vereinfachen? Wir sind noch in der Testphase. Welche der Anbieter eignet sich für unsere Zwecke am besten? Kriterium für die Auswahl ist nicht, dass die KI beeindruckende oder überraschende Bilder liefert, sondern dass die Bilder nah dran sind an den Wort-Beschreibungen, dass sie sich schnell korrigieren lassen, und dass sich das Programm bequem im Interview oder Workshop bedienen lässt.
Die Bilder oben wurden teils von der KI „Dall‑E“ generiert, teils von Monika direkt im Dialog mit Probanden. Erkennt man, welche welche sind? Die Zeichnungen waren Teil eines Forschungs- und Design-Entwicklungs-Prozesses zum Thema Haushaltsbesen. Hier ging es um den kumpelhaften Charakter des Produkts, ein Charakter, der später in den Kampagnen-Entwürfen aufgegriffen wurde.