Über typische Denkfallen, in die man hineintappen kann, wenn man nach kreativen Lösungen sucht.
Es gibt typische menschliche Denkfallen, in die man oft hineintappt, wenn man nach kreativen Lösungen für ein Problem sucht. Mit der Kenntnis dieser Stolperstellen kann man auf diese aufmerksamer achten und dadurch auf ungewöhnlichere Lösungen kommen, oder auch Probleme lösen, die zunächst unlösbar erscheinen. Die Beispiele stammen aus Experimenten der psychologischen Problemlösungsforschung.
Zu gute Erinnerung
In der experimentellen Testaufgabe bestand die Problemlösung darin, dass man eine vorhandene Zange nicht als Werkzeug, sondern als Pendel benutzen musste. Teilnehmer, denen man kurz vorher eine andere Aufgabe gestellt hatte, bei der sie die Zange ganz normal als Zange benutzen mussten, hatten mehr Schwierigkeiten, sie in der zweiten Aufgabe als Pendel zu benutzen als die Kontrollgruppe. Eine gute Erinnerung kann also eine Denkfalle sein. Das spricht z.B. dafür, öfter Mal eine längere Pause einzulegen und zur Ablenkung etwas ganz anderes zu machen. Die Erinnerungen verblassen dann ganz von selbst.
Funktionale Gebundenheit
Bei dieser Aufgabe sollten die Teilnehmer 3 Kerzen an eine Holztür befestigen. Vorhandenes Material war: 3 Schachteln, eine mit 3 Kerzen darin, eine mit Streichhölzern und die dritte mit 3 Reißzwecken. Eine Lösung ist: die 3 Schachteln mit den 3 Reißzwecken an der Tür befestigten und die Kerzen mit einer Streichholzflamme anschmelzen und in die Schachteln kleben. Lagen die Schachteln geöffnet und die Kerzen, Reißzwecken und Streichhölzer außerhalb der Schachteln auf dem Tisch, fiel die Lösung den meisten eher leicht. Besonders schwer war es, wenn die Gegenstände sich in der Ausgangssituation in den Schachteln befanden. Neue Lösungen sind offenbar einfacher zu finden, wenn Dinge nicht in ihrer gewohnten Funktion (Schachteln in ihrer Funktion als Schachteln) auftauchen. Dies nennt sich auch: „Funktionale Gebundenheit“. Also erst einmal alles auspacken und auseinander nehmen, also mit einer schöpferischen Zerstörung möglichst weit weg vom gewohnten Zusammenhang bringen.
Gute Gestalt
Siehe dazu das Beispiel a im Bild (das macht man i.d.R. mit Streichhölzern). Um die Aufgabe mit den römischen Zahlen zu lösen, muss man das X (römisch 10) auseinandernehmen. Kurzfristig bleibt dann ein schräger Strich. Unsere Wahrnehmung mag sog. „Gute Gestalten“ (der Ausdruck stammt aus der Gestaltpsychologie), also Strukturen oder Figuren die in sich ausgewogen erscheinen, stabil wirken und den Eindruck erwecken, als seien sie vollständig und nicht nur ein abgeschnittener Teil von etwas Ganzem. Das X ist eine sehr gute Gestalt: ausgewogen, stabil, vollständig. Der schräge Strich, der zwischenzeitlich verbleibt, ist keine gute Gestalt. Wir haben hier regelrecht Skrupel, eine gute Gestalt zugunsten einer schlechten zu zerstören. Man sollte also seine Skrupel überwinden und auch zeitweise unausgewogene, instabile und unvollständige Situationen aushalten können.