Wie lässt sich in Online-Meetings eine inspirierende Atmosphäre schaffen? Ein paar Gedanken, Ideen und Anregungen aus einem Workshop im Marketing Club.
Früher oder später werden wieder Meetings und Workshops vor Ort möglich sein, und bestimmt werden wir darüber auch sehr glücklich sein. Vermutlich werden aber Online- und Hybrid-Veranstaltungen auch nach dem Ende der Pandemie nicht aus dem Arbeitsalltag verschwinden. Wir haben ihre Vorteile – die sich gerade für regional verstreut arbeitende Teams ergeben – inzwischen alle kennen und schätzen gelernt. Es lohnt sich also, sich ein paar Gedanken mehr darüber zu machen, wie wir solche Meetings in Zukunft gestalten wollen.
Denn: Bei allen Vorteilen, eines kommt doch meistens zu kurz: die Inspiration. Vor allem dann, wenn es darum geht, gemeinsam kreativ zu werden und Ideen oder Konzepte zu entwickeln, vermissen viele die informellen und lockeren Gespräche am Rande, in denen man auf neue Ideen kommt, oder die Möglichkeit, sich im Raum zu bewegen und damit auch die eigenen Gedanken beweglicher zu machen – oder überhaupt die Inspiration durch eine neue und anregende Umgebung. Nicht umsonst investieren Unternehmen in teure Workshop-Locations außerhalb der gewohnten Konferenzräume.
Wie aber lässt sich auch über Zoom oder Teams eine inspirierende Atmosphäre schaffen? Dieser Frage sind wir kürzlich in einem Workshop beim Marketing Club Köln Bonn nachgegangen. Anstatt einzelne Online-Plattformen vorzustellen, haben wir uns gefragt, was macht eigentlich Inspiration aus? Was inspiriert uns sonst im Leben? Welche Prinzipien der Inspiration lassen sich daraus ableiten – und wie können diese auf Online- und Hybrid-Meetings übertragen werden? Diese Herangehensweise — von psychologischen Prinzipien für Inspiration auszugehen anstatt von den Möglichkeiten der Tools — war für uns ein Experiment. Herausgekommen sind jedenfalls 18 gemeinsam erarbeitete – einfache bis ungewöhnliche – inspirierende Interventionen.
Diese 18 Ideen haben natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es lassen sich mit Sicherheit viele weitere finden, und Sie werden bestimmt auch eigene inspirierende Online-Erlebnisse beisteuern können. Wir sind nämlich überzeugt davon, dass es gar nicht auf die vielen kleinen Tricks ankommt, sondern auf die grundlegende Haltung, an Online-Workshops heranzugehen.
Dies beginnt schon damit, sich vor Augen zu führen, dass wir uns selbst teils rigide Verhaltens-Regeln auferlegt haben, wenn wir in Zoom & Co. unterwegs sind, und mit denen wir es uns manchmal selbst schwer machen, uns in eine kreative Stimmung zu bringen. Da sitzt man teils über Stunden steif und in höchster Konzentration vor Bildschirm und Kamera, achtet penibel darauf, nicht dazwischen zu quatschen oder im Hintergrund nicht zu viel preiszugeben. Gestützt wird dies vermutlich auch durch die Anmutung der Programme: Schwarzer, seriöser Rahmen. Ordentlich aufgereihte Kacheln. „Kachelchismus“ nennen wir dies. Wie Glaubenssätze, jeder glaubt genau zu wissen, was sich gehört und was nicht. Dabei steht dies in keinem Gesetzesbuch.
Was uns hingegen Inspiration gibt, das sind z.B. lockere Gespräche in unkonventioneller Umgebung, oder Reisen in andere Länder und Kulturen, das Lesen eines guten Buchs, der Besuch eines Museums, das Stöbern auf Flohmärkten oder Dachböden, Gespräche mit Menschen, die eine ganz andere Sicht haben als wir, oder auch nur der Blick in die Wolken, die sich wie von selbst zu Figuren und Gesichtern formen. Darin stecken eine Handvoll Inspirations-Prinzipien: Wichtig scheinen v.a. zu sein: Sinnliche Eindrücke, etwas sehen oder gezeigt bekommen, Tapetenwechsel, eine spielerisch-lockere Atmosphäre, Bewegung, Austausch, oder sich auch einmal von der eigentlichen Aufgabe „wegzudenken“, sie gewissermaßen „aus dem Blick zu behalten“.
Für sinnliche Eindrücke sorgt z.B. die „Gallery Tour“. Sich einfach zusätzlich mit dem Smartphone einloggen, mit dem Handy in der Hand durch den Raum bewegen und den Teilnehmer:innen etwas zeigen. Wieso nicht auch rausgehen und spontan die Kolleg:innen in der Kaffeeküche interviewen. Oder sich gleich aus dem nächsten Supermarkt melden und die Kolleg:innen an der eigenen Customer Journey teilhaben lassen: „Mobile Exkursion“. Teams, die sich vor Ort zusammenfinden, können sich auch im Park oder Zoo treffen. Wozu gibt es LTE und üppige Datenpakete?
Der „Virtuelle Stellvertreter“ entlastet davon, permanent und in übersteigerter Präsenz vor dem Bildschirm zu hocken (was Online-Meetings oft anstrengend macht). Ein Bild, ein Gegenstand oder ein Teddybär oder ähnliches vor der Kamera signalisiert: „Ich bin noch da, höre euch zu und arbeite weiter an unserem Thema, ich sitze nur nicht permanent vor dem Bildschirm“. Mit dem sonst üblichen Ausschalten der Kamera ist man komplett weg. Aus der Kachel, aus dem Sinn.
Ein „Inspirationsordner“ schafft einen für alle permanent zugänglichen Pool an Ideen, inspirierenden Bildern und Filmen, die u.a. für die „Bisoziation“ genutzt werden können: Ideen, die durch Bilder aus ganz anderen Bereichen angeregt werden. Welche Ideen haben Sie für ein neues Erfrischungsgetränk, wenn sie Fotos von Dinosauriern, Extrembüglern, Waschmaschinen, Gartenzwergen oder dem No-Pants-Day sehen?
Das geht auch, wenn man andere Rollen einnimmt auf der „Virtuellen Bühne“. Darüber kann man später im geschützten „Läster-Kanal“ wunderbar herziehen. Mindestens wird es Thema, wenn man sich darüber in der „Netzkantine“ informell und in kleinen Grüppchen unterhält.
Zum Schluss nun aber doch noch zwei Tipps für passende technische Plattformen. Für den Inspirationsordner eignet sich z.B. Padlet sehr gut, es geht aber auch mit Miro oder Conceptboard. Die „Netzkantine“ erlebt man am besten (und zudem kostenfrei) auf Gather.town. Es gibt jedoch bestimmt viele weitere geeignete Tools. Entscheidend ist u.E. die Haltung und die Bereitschaft – und die Traute – einfach einmal etwas Neues auszuprobieren und den Kachelchismus bewusst zu verletzen.